Der Rote Faden 2

Wer hat eigentlich den roten Faden erfunden?

Die Metapher ist durch Goethe in die deutsche Sprache gekommen. In seinem Roman Die Wahlverwandtschaften heißt es:

Wir hören von einer besondern Einrichtung bei der englischen Marine. Sämtliche Tauwerke der königlichen Flotte, vom stärksten bis zum schwächsten, sind dergestalt gesponnen, daß ein roter Faden durch das Ganze durchgeht, den man nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen, und woran auch die kleinsten Stücke kenntlich sind, daß sie der Krone gehören.[1]

Der rote Faden ordnet das Leben zu einer stringenten Erzählung, denn von sich aus verläuft es nicht immer folgerichtig. Erst das Erzählen schafft den linearen Zusammenhang. Wenn man nun alles mit dem Faden festbindet und was stört, weglässt, so täuscht man etwas vor, was nicht ist. Eine Erzählung oder ein Roman, die sehr stringent voranschreiten, reduzieren die Komplexität der Wirklichkeit. Je stringenter, desto mehr.

[1] Goethe, Die Wahlverwandtschaften, in Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 52065, vgl. Goethe-HA Bd. 6, S. 368

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